Der Vorleser

Der Vorleser

1892/1910 - 1936

Seiten

7. Vorlesung am 02.12.1910

02.12.1910
Frankfurt

[Karl Kraus las im Saale des Kaufmännischen Vereins aus eigenen Schriften: Die Welt der Plakate / Aphorismen / Einiges über Maximilian Harden (Harden-Lexikon) / Die chinesische Mauer - vgl. Die Fackel 313-314, 31.12.1910, 50-56]

Rezension des Politischen Tageblatt

Die Literarische Gesellschaft hatte den bekannten Satiriker und »Kulturkritiker« Karl Kraus aus Wien zu einem Vortrag aus eigenen Werken gewonnen. Schon lange vor Beginn füllte gestern Abend eine dichtgedrängte Menge den großen Erholungssaal, um den geistreichen Herausgeber der ‚Fackel‘ und Mitarbeiter des ‚Simplicissimus‘ von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Jedenfalls werden alle der Literarischen Gesellschaft für diese Gelegenheit dankbar sein.

Rezension der Allgemeinen Zeitung

Diese Werke waren Feuilletons, die, wenn ich nicht irre, in der ‚Zeit‘ oder im ‚Neuen Wiener Tagblatt‘ schon längst die Druckerschwärze erlitten haben[...] Beißender Hohn, stark mit Sentimentalität von der Donau gemischt, bisweilen vortrefflich glänzend, in der Form, aber doch nur Form, nichts von Inhalt. Am besten wohl war die Übersetzung aus dem Desperanto der Hardenschen Sprache in das gebräuchliche Deutsch. Aber die Einleitung dazu zeugte von dem bedauerlichen Ton eines fast neidisch zu nennenden Urteils über die deutsche Publizistik und ihre besten Vertreter.

Rezension des Volksfreund

[...] im Gegensatz zu anderen Selbstschaffenden über eine anerkennenswerte Vortragskunst verfüge, die dem oft äußerst dürftigen Inhalt nicht wenig zu statten kommt. [...] »Die Welt der Plakate«, eine übrigens recht frische Skizze, leitete die Vorlesung ein. Wenn sie auch auf Originalität weniger Anspruch erheben kann, so zählte sie doch zum besten des Abends. Das gleiche gilt von einer bunten Schar mehr oder minder geistreicher Aphorismen, welche des kristallen Schliffes nicht entbehren. Die Feuilletonisten kommen bei Herrn Kraus nicht besonders weg. Schlechte Erfahrungen?

8. Vorlesung am 05.12.1910

05.12.1910
Aachen

[Karl Kraus las in der Literarischen Gesellschaft aus eigenen Schriften: Die Welt der Plakate / Entdeckung des Nordpols / Zu Maximilian Harden / Aphorismen - vgl. Die Fackel 313-314, 31.12.1910, 53-54]

Rezension der Bohemia

Karl Kraus in der Lesehalle

Er ist in seine zweite Periode eingetreten und die ‚Fackel‘ in ihren zwölften Jahrgang. Er ist auch nicht mehr der Fackelkraus allein. Er gehört zu den Autoren des Langen-Syndikats, und er protegiert den ‚Sturm‘ .... Er ist Sprachbildner, und er bereist die Städte zweier Monarchien. So kam er, ein Privatgelehrter, auch in unser melancholisches Prag.

Rezension des Prager Tagblatt

Karl Kraus, dessen gestrige Vorlesung in der »Lesehalle« eine Oase in der dürren Einförmigkeit unserer Vortragschronik bildete, hat die Anfänge seiner Popularität der kühnen Polemik zu danken, mit der er vor Jahren gegen geistige Werte anzukämpfen begann, die man in Wien sonst nur stillschweigend anzuzweifeln wagte. Er wirkte durch die Verwegenheit seines Streitrufes und die oft verblüffend witzige Form seiner Satire.

Signatur: 
L-137743