Publikum

Der Vorleser

1892/1910 - 1936

Seiten

Erinnerung von Ernst Krenek

Es muss um diese Zeit gewesen sein, daß ich Karl Kraus zum ersten Mal öffentlich lesen hörte. Er las im Großen Konzerthaussaal, der ungefähr 2400 Sitzplätze hat, für die Wiener Jugend „König Lear“. Kraus füllte den Saal mühelos mit seiner phänomenalen Stimme, mehr als drei Stunden lang – und natürlich gab es 1919 noch keine Lautsprecher. Die Lesung hatte eine so starke Wirkung auf mich, wie ich sie später bei keiner Bühnenaufführung der shakespearschen Tragödie mehr erlebt habe.

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Rezension des Vorwärts

Karl Kraus las aus seinen Dichtungen an zwei Abenden für die hungernden Wiener Kinder. Gestern im Meistersaal. Vor einer dichtgedrängten Masse. Und es gehört zum Bilde, zu sagen, daß sie ganz aus den jungen Lebensaltern bestand. Also: die Generationen der nächsten Zukunft drängen sich nach seinem Wort. Und dies Wort ist Sonnewollen und Frühlingsbegehren, und es ist Bruch mit dem, was gestern übermächtig war, auffliegender Helldrang und schonungslos richtender, hinrichtender Bruch.

Rezension der Vossischen Zeitung

Karl Kraus, der Mann der Wiener »Fackel«, las im Bechsteinsaale vor einem Kreise treuer Hörer. Ihrem Enthusiasmus bot er zwei Akte aus Hauptmanns »Webern« und den Epilog seiner eigenen Kriegsdichtung »Die letzten Tage der Menschheit«.

Rezension der Münchener Post

Vorlesung Karl Kraus. Am Donnerstag abend hatte der Münchener Verleger Kurt Wolff eine Anzahl Gäste zu einer Karl Kraus-Vorlesung in das Lesezimmer seines Verlagshauses gebeten. K., einigen, nicht allzuvielen, hier kein Unbekannter, stellte sich diesmal nicht als der gefürchtete angriffslustige Essayist, sondern als Dichter und Interpret vor. Er las eine Anzahl eigener Gedichte voller musikalischer Klangschönheit, dichterischer Bildhaftigkeit und rhythmischer Kraft.

Erinnerung von Kurt Wolff

„Eine andere Begegnung, an die ich mich erinnere, ist ein Besuch von Kraus in München, Ende Januar 1920. Er hielt damals seine Vorlesungen aus eigenen Schriften, im ... Saal des Kurt Wolff Verlags ... Der Saal, der etwa 150 Personen faßte, war gestopft voll. Nach der Vorlesung (die nicht öffentlich war, sondern für die ich Einladungen verschickt hatte) reichte Kraus nur einem einzigen Anwesenden die Hand: Theodor Haecker.“

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Rezension der Volks-Zeitung

Vorlesung Karl Kraus. Gestern abends fand denn die erste der beiden angekündigten Vorlesungen von K. K. im Musikvereinssaale statt, der bis auf das letzte Plätzchen gefüllt war. K. hat im gleichen Saale im Jänner 1914 das letztemal hier vorgelesen, wobei er u. a. auch »Tod und Tango« vorlas, das wir wohl auch längst schon als mehr als eine Satire, als eine Prophetie, erkennen mußten. 1914-1920, was liegt nicht zwischen diesen beiden Ziffern! Als K.