Der Vorleser

Der Vorleser

1892/1910 - 1936

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Erinnerung von Willy Haas

Daran, daß Karl Kraus in Prag den Eingang zu unseren Kreisen fand, war ich selbst der Hauptschuldige: Ich selbst hatte ihm diesen Eingang weit geöffnet.  Ich hatte damals ein Amt bei einem Prager deutschen literarischen Studentenverein, das mir ermöglichte, Vorlesungen in einem Saal zu veranstalten. Ich lud als ersten Karl Kraus ein, dessen „Fackel“ ich seit Jahren las, und der in Wien ein paar sehr erfolgreiche Vorlesungen aus seinen Schriften gehalten hatte. Karl Kraus kam – es war seine erste Vorlesung im alten Prag.

AutorInnen: 

25. Vorlesung am 22.03.1912

22.03.1912
Prag

[Karl Kraus las] in Prag am 22. März, veranstaltet von den Schriftstellern Willy Haas und Franz Janowitz, mit dem folgenden Programm: I. Shakespeare: aus »Timon«. — Jean Paul: aus dem »Kampaner Tal«. — Ostende, erster Morgen / Ein Gedanke und sieben Kreuzer / Die Vision vom Wiener Leben. II. Aus dem »Prozeß Veith«. — Die Glossen: Schlichte Worte / Riedau und Lido / Zur Erleichterung des Lebens / Der Deutlichkeit halber / Gefährlich / Hinaus! / Angesichts.

Rezension des Prager Tagblatt

Karl Kraus ist Freitag zum drittenmal als Vorleser nach Prag gekommen und von einem Kreise ausgewählter Intellektueller mit Begeisterung empfangen worden. Diesmal setzte er die Vorlesung aus eigenen Werken an den Schluß des Abends und begann mit Shakespeares »Timon von Athen«. Die Kunst des Wortes, die hier scheinbar losgelöst von der eigenen Produktion des Rezitators und im Dienste eines Fremden sich zu entfalten hatte, diente im Wesen doch Kraus’ eigener Persönlichkeit.

Signatur: 
L-137743

Rezension des Deutschen Abendblatt

Zuerst langweilte er eine Stnnde lang durch die Vorlesung einiger Szenen aus »Timon von Athen« u. vermittelte dabei die wertvolle Erkenntnis, daß die Athener im Dialekte der Jitschiner Handelsleute zu sprechen pflegten. Dann sagte er ein Kapitel aus dem »Kampaner Tal« im pathetisch-verständnislosen Tonfalle eines arroganten Sekundaners auf und las zuletzt eigene Geistesblitze. Zum Beispiel: daß die Oster- nummer des ‚Neuen Wiener Tagblatt‘ einen sehr großen Umfang habe. (Bewegung.) Schließlich nannte Herr Kraus die ‚Neue Freie Presse‘. Alles lachte.

Signatur: 
L-137743

Rezension der Narodni Listy

Karel Kraus v Praze. Břitký vídeňský satirik a krutý posuzovatel literatury, tisku, soudnictvi a veřejného života, přednášel v pátek večer pražskému obecenstvu. Po Shakespearovi a Jeanu Paulovi došlo na vlastni tvorbu hostovu, jmenovitě na jeho prudké, řezavé invektivy proti justici, literárním porotám a praktikám vídeňského tisku, jehož je vydavatel »Fackel« davným opovědným nepřitelem. Výbuchy smíchu, sledující neodolatelný satirický talent jeho, střídaly se s chvílemi, kdy se mu dařilo přenésti na obecenstvo část své vášně proti každé křivdě, ať vystupuje kdekoliv a kdykoliv.

36. Vorlesung am 06.01.1913

06.01.1913
Prag

[Karl Kraus las in] Prag, im Palace-Saal, am 6. Januar: I. Nestroy: Szenen aus »Die beiden Nachtwandler oder: Das Notwendige und das Überflüssige« II. Untergang der Welt durch schwarze Magie (aus S. 6—11, 18—23) / Man muß die Leute ausreden lassen; Durch Bahr zur Suffragette geworden; Auf der Suche nach Fremden; Ich pfeife auf den Text; Petite chronique scandaleuse III. Harakiri und Feuilleton (mit Vorwort). — Zugaben: Beim Anblick einer sonderbaren Parte; Der Deutlichkeit halber; Interview mit einem sterbenden Kind; Ich rufe die Rettungsgesellschaft; Wahrung berechtigter Interessen.