Der Vorleser

Der Vorleser

1892/1910 - 1936

Seiten

Brief Otto Binder an David Bach

Dringende Bitte "noch in letzter Stunde alles daran zu setzen", um einen Vortrag von Kraus bei der "Republikfeier" zu ermöglichen.

"Anlässlich der diesjährigen, durch die Kunststelle der sozial-demokratischen Partei veranstalteten Republikfeier, vermissen gleich mir viele klassenbewusste Proletarier, eine Vorlesung von Karl Kraus" [Incipit der Unterlage] 

 

Signatur: 
H.I.N.-239092
AutorInnen: 

Brief Unbekannt an die Redaktion der Arbeiter-Zeitung

Karl Kraus' Auseinandersetzung mit der Kunststelle und David Josef Bach; Schilderung der ersten Kraus-Vorlesung im Arbeiterheim Favoriten Anfang Dezember 1925 als eine " nicht wiedergutzumachende Blamage" der sozialdemokratischen Partei durch einen Parteigenossen.

"Der jüngste Versuch des Herrn Dr.Bach, die Veröffentlichung des stattgehabten Briefwechsels" [Incipit der Unterlage] 

Signatur: 
H.I.N.-239096

Rezension des Berliner Tageblatts

Karl Kraus, der Herausgeber der Wiener ‚Fackel‘ stellte sich uns gestern abend auf Einladung des Vereins für Kunst im Salon Cassirer zum ersten Male als Redner vor. Dieser Mann, der mit der Flamme in Wahrheit auf du und du steht, erschien am Vortragspult als ein kleinerer, glattrasierter Herr, der durch seine goldene Brille sehr gutmütig und harmlos ins Publikum blickte. Freilich, mit dem ersten Wort ändert sich der Eindruck. Karl Kraus ist ein ungeheuer nervöser, energischer Sprecher, ein Autor, der seine Gedanken im Vortrage noch einmal erzeugt, ein Pointeur ersten Ranges.

Rezension der Vossischen Zeitung

Vorlesung Karl Kraus. Ein Wiener »Raunzer« hat gestern im Verein für Kunst gelesen — einer von denen, deren Raunzerei Kraft genug hat, um allgemach die lokalen Schlagbäume zu überschreiten und sich zur Weltraunzerei auszuweiten. Der Ausdruck ist rein wienerisch gleichwie der Typus. Wir haben sie auf norddeutschem Boden nicht, diese schmälenden, scheltenden, angriffslustigen und doch so scheuen Naturen.

Rezension des Berliner Lokalanzeiger / Der Tag

Im Verein für Kunst las gestern abend Karl Kraus, der bekannte Wiener Publizist, eine Reihe von Aphorismen vor, die zwei jüngst erschienenen Bänden (?) entnommen waren. Es ist nicht so ganz leicht, eine große Anzahl Aphorismen hintereinander zu hören, selbst wenn sie zum größten Teile frappant und geistreich sind, gut vorgelesen werden und die Sinnesart eines ungewöhnlichen Mannes in sprunghaften Reflexen zu enthüllen scheinen. Wie Bälle, die man nicht zurückwerfen kann, füllen sie uns die Arme; aber wenn man später zusieht, sind die meisten auf rätselhafte Weise wieder fortgeflogen.

Rezension des Berliner Börsen-Couriers

Vor dem Verein für Kunst erschien gestern abend im Salon Cassirer eine interessante Wiener Persönlichkeit, der Herausgeber der ‚Fackel‘, Karl Kraus. Er las zuerst eine Reihe von Aphorismen vor. Sie frappierten durch ihre Eigenart, ihre originelle Bizarrerie, vielfach durch ein Wetterleuchten des Tiefsinns, dem man nur in der Eile nicht gleich nachgehen konnte. So war es anfangs. Dann beging aber Kraus einen seltsamen, einen unbegreiflichen Fehler: er gab das Geheimnis seiner Kunst preis, er enthüllte seine »Mache« wie ein Taschenspieler, der das Wie seiner Tricks dem Publikum aufdeckt.

Rezension der Zeit am Montag

Ein Kulturkämpfer. In Wien kämpft seit über zehn Jahren mit fast übermenschlicher Kraft und Ausdauer ein Mann gegen alles das, was der Durchschnittsmensch der Gegenwart »Kultur« nennt. Er gibt eine Zeitschrift, ‚Die Fackel‘, heraus, ein Organ, das — fast ausschließlich vom Herausgeber selbst geschrieben — an Kühnheit und Selbständigkeit seinesgleichen sucht.

1. Vorlesung am 13.01.1910

13.01.1910
Berlin

[Karl Kraus las in Berlin im Salon Cassirer.] Am 13. Januar habe ich im »Verein für Kunst« zum erstenmal aus meinen Schriften gelesen, und zwar aus dem Buch »Sprüche und Widersprüche« und die »Chinesische Mauer«. [Die Fackel 294-295, 31.01.1910, 28] - zitiert nach Austrian Academy Corpus