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THEATER DER DICHTUNG
[Auf dem Programm die Photographie des Theaterzettels der Uraufführung vom 26. Februar 1893]
Zu den Vorlesungen der »Weber« siehe den Programmtext vom 11. Januar 1920 (Die Fackel Nr. 521—530, S. 98 ff.), den vom 18. November 1929 und die Einleitungen zu Vorträgen (Nr. 827—833, S. 45, S. 73 f., S. 88 f.).
Aus einem »Gespräch mit Gerhart Hauptmann in Karlsbad«, das in Prag und Berlin (Mosse), nicht in Wien gedruckt wurde:
— — So kehrt das Gespräch rasch wieder auf das Literarische und Private zurück. »Haben Sie einmal Karl Kraus eines Ihrer Dramen lesen gehört?« — »Leider nein! Ich bedauere es sehr. Aber ich habe sehr viel davon gehört, wie großartig er die ‚Weber‘ und das ‚Hannele‘ liest!«
Mit Recht kann es der Dichter aus dem Grunde bedauern, weil er das seltene Autorerlebnis gehabt hätte, seine Werke — deren Bühnenschändung an das Maß der Untaten gegen Shakespeare und Offenbach hinanreicht — zum erstenmal seit 1893 und 1894 wiederzuerkennen. Was an ihnen die Jahrzehnte hindurch verübt wurde, spottet jeder Beschreibung, und es ist einfach unfaßbar, daß ein Autor, der im Gegensatz zu den Geistern, die der Ablauf der Zeit vogelfrei gemacht hat, den Selbstschutz seines Rechtes zu betätigen imstande war —, daß er insbesondere den Martin und Jeßner nicht in den Arm gefallen ist. Dem Herrn Martin, der im Berliner Zirkustheater, wo später Herr Reinhardt Offenbach zugerichtet hat, den Schluß des zweiten Aktes mit der Aufstürmung des alten Hungerleiders als puren Ulk wirken ließ (in einer Darstellung, in der aus der unübersehbaren Menge von Dilettanten die außerordentliche Luise der infolgedessen verschollenen Leonie Duval hervortrat). Dem Herrn Jeßner, der den tragischen Augenblick der scheuen Neugier, mit der die Jammergestalten die Salonpracht bei Dreißigers bestaunen, kaputt gemacht hat, wie er diese unvermittelt und unter den albernsten Improvisationen kaputt machen ließ. Charakteristisch für die Beziehung einer ingeniösen Regie zu der Sphäre ist — nebst der selbstverständlichen »Treppe«, über die im ersten Akt die Weber dem Dreißiger nachdrängten — der Umstand, daß das häufig vorkommende schlesische Füllsel »ock« — so etwas wie »nur«, »bloß« — vom ganzen Ensemble mit »ooch« verwechselt wurde (welches ooch vorkommt), so daß etwa die bittere Wendung:
A Weber is ock ’ne Sache
das heißt: er wird bloß als eine Sache behandelt, betont herauskam als:
A Weber is ooch ’ne Sache
das heißt: er will doch auch als etwas gelten.
Dem »Hannele« konnte — seit jener denkwürdigen Burgtheateraufführung mit der Hohenfels, mit Hartmann als Gottwald, dem unvergeßlichen Dorfschneider Lewinskys und dem ungeheuren Phantom von Gabillons Maurer Mattern — ihm konnte doch, vermöge der größeren Schwierigkeit, nicht ganz so mitgespielt werden wie den »Webern«, die einfach als plumpes Agitationsstück hingeschmissen wurden (wiewohl natürlich die Verse der drei Engel, deren Eindruck nie auf der Höhe des Sprachwerks war und zu welchen drei Wolter-Stimmen gehören würden, in heutigen Theatermündern eine Blasphemie sind).
Die Wiedergabe der »Weber« mit den Mitteln, über die das Theater der Dichtung verfügt, bezweckt als Ehrung des Dichters die Rehabilitierung des Werkes nach all dem, was die Berliner Bühnen durch all die Zeit mit ihm aufgeführt haben. Sie stellt, mit der Bewahrung, vielleicht auch Verstärkung, lebendigsten Erinnerns jeder einzelnen Stimme von damals, stilistisch die Gestalt wieder her jener Berliner Uraufführung vom 26. Februar 1893, die (mit den Herren Rittner, Pauli, Fischer, Pagay, Thielscher, Nissen und Frau Bertens) den Gipfel eines schauspielerisch doch fundierten Bühnenrealismus bedeutet hat und eine Gesamtleistung, die von keinem Berliner Regisseur bei keiner Gelegenheit auch nur annähernd jemals wieder erreicht wurde.
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Das »Neue Theater«, die Stätte der Uraufführung, ist das spätere Theater am Schiffbauerdamm. Die erste öffentliche Aufführung hat am 25. September 1894 im Deutschen Theater stattgefunden, in derselben Regie und teilweise veränderter Besetzung: den roten Bäcker gab Kainz, den alten Hilse Kraußneck, den Ansorge Hermann Müller, den Lehrer Weinhold Eugen Burg, den Chirurgus Schmidt Max Marx und den Pastor Herr Reinhardt, der als Episodist dem Theater gute Dienste geleistet hat.
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