305. Vorlesung am 19.10.1924

Wien
19.10.1924

[Karl Kraus las im Mittleren Konzerthaussaal am] 19. Oktober, halb 3 Uhr:

I. Wir zwei. — H. H. / Die Wendung / Ein Witzblatt / Was der Christ und der Jud beobachten. — Was Herr Castiglioni umsonst erhalten konnte. — Die Schalek in Japan (Bearbeitung von »Die Schalek in Japan« und »O dieser Kawado!«).

II. Warum (»Ich habe im Juni dem Musik- und Theaterfest präludiert«) / Panik / Spiel der Wellen / Einen Stüber / Ein sonderbarer Schwärmer / Der tägliche Bericht (mit Vorbemerkung). — Ehre, wem Ehre gebührt!

III Eeextraausgabeee —! (36 Verse gestrichen; mit Vorbemerkung).

Ein Teil des Ertrags (inkl. Programmerlös): K 960.000 für die Hinterbliebenen Kurt Eisners (Frau Elsner Eisner, Gengenbach i. B., Deutschland) und andere Notleidende.

[Die Fackel 668-675, 12.1924, 50] - zitiert nach Austrian Academy Corpus

Programmzettel

[...]

I

Wir zwei (Januar 1924) 

H. H.

Die Wendung 

Ein Witzblatt 

Was der Christ und der Jud beobachten

Die Schalek in Japan (Januar 1924)

Was Herr Castiglioni umsonst erhalten konnte (Manuskript)

II

Warum (Juni 1924)

Panik

Spiel der Wellen

Einen Stüber 

Ein sonderbarer Schwärmer

Der tägliche Bericht (mit Vorbemerkung)

Ehre, wem Ehre gebührt! (Januar 1924)

5 Minuten Pause

III

Eeextraausgabeee —! Mit Vorbemerkung (1915)

Änderung und Kürzung vorbehalten

Ein Teil des Ertrags für die Hinterbliebenen Kurt Eisners (Frau Elsner Eisner, Gengenbach i. B., Deutschland) und andere Notleidende

Der Verfasser (oder die Verfasserin) des leider anonymen Briefes, in dem über schlechtes Hören des letzten Vortrages im großen Saal geklagt wird — »mein Sitz war im letzten Drittel Parterre« —, möge sich melden, um zur Entschädigung einen guten Platz für den nächsten zu erhalten. Doch die in dem Brief ausgesprochene Ansicht: »Es ist ganz unmöglich für einen Einzelnen — selbst wenn er über Stimmittel wie die Ihren verfügt — diesen Raum zu füllen«, ist irrig.
Weil er über solche Stimmittel verfügt und ihrer natürlichen Anpassung an die Dimension keinen künstlichen Widerstand entgegensetzt. Dies war ehedem paradox, aber nun bestätigt es der Raum. Denn es ist manchen großen Sälen eigentümlich, daß die laute Stimme unverstanden bleibt. (Leiseres Sprechen wird dann wohl wieder von den vordern Reihen nicht gehört.)
Die Sprechtechniker können sichs richten. Im gegebenen Fall war das schlechte Hören — über das sich der entfernteste Galeriebesucher nicht beklagt hat — auf bestimmte Plätze, vor allem Logensitze, beschränkt. Aber es wird wohl keinen Saal, ob groß oder klein, geben, der solche Eigentümlichkeiten nicht aufweist, und das Malheur kann, wenn es so rührenden Ausdruck findet wie in jenem Briefe, ausnahmsweise gutgemacht werden. Bei dieser Gelegenheit sei ein für allemal ersucht, Briefe mit der Bitte um Verschiebung eines Vortrags, der mit einer andern Veranstaltung kollidiert, an die sich der Schreiber bereits vergeben hat, zu unterlassen. Die Zumutung, das Datum eines Vortrags selbst in dem Zeitpunkt, da es noch möglich wäre, von der Rücksicht auf eine Gleichzeitigkeit, die ja wohl immer vorhanden ist, bestimmen zu lassen, ist grotesk. Sie wäre mit weit größerer Berechtigung an die Veranstalter der konkurrierenden Darbietungen zu stellen. Daß aber gar die Interessenten eines Fußball-Matches in solches Dilemma geraten und darob Beschwerde führen müssen, ist bedauerlich. Hoffentlich haben sie die einzig richtige Lösung gefunden: heute im Saal zu fehlen.

[...]