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Aus eigenen Schriften: Zur Situation [ungedruckt]
Offenbach-Feier
zum 50. Todestag
Aus dem Zyklus
I.
Blaubart: Saphir und Fleurette / Preiskonkurrenz / Pagenlied / Boulotte und die fünf Frauen / Lamento
Die Großherzogin von Gerolstein: Der Säbel / Quartett der Ehrendamen / Schlachtbericht
Pariser Leben: Briefarie der Metella
Madame l’Archiduc: Hochzeitschor / Abschied der Marietta / Die kleinen Soldaten / ABC
Begleitung: Otto Janowitz.
II.
Die Briganten: Entrée der Fiorella / Die Wegweiserin / Der Kabinettscourier / Kanon
Die Prinzessin von Trapezunt: Aus der Introduktion / Lied von den Turteltauben / 6020 / Die Teller / Zahnschmerzen
Fortunios Lied: Valentin und Laurette
Die Insel Tulipatan: Wär ich nur als Mann geboren / Barcarole
Begleitung: Georg Knepler.
III.
Die Seufzerbrücke: Serenade / Habt Mitleid doch! / Geld-Arie
Die Schwätzerin von Saragossa: Arie der Beatrice / Quartett - Huldigung für Offenbach.
Begleitung: Franz Mittler
Änderung und Kürzung vorbehalten
Da M. Jacques Brindejont-Offenbach schwer erkrankt ist, muß seine und der Mme Suzanne Brindejont-Offenbach Mitwirkung auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Die morgige Feier bringt den vollständigen Vortrag von »Pariser Leben« (mit neuen Zeitstropen) durch Karl Kraus. Die gelösten Karten werden auf Wunsch zurückgenommen. Der Ertrag der durch das Gastspiel bedingten Erhöhung der Kartenpreise wird wohltätigen Zwecken zugewandt.
Zur Aufführung der »Seufzerbrücke« im Berliner Rundfunk hat ein dortiger Anwärter auf den ersten Preis einer neuen Dummheitskonkurrenz den Wunsch nach einem »Querschnitt« geäußert, den er der vollständigen Wiedergabe des unvergleichlichen Dialogs vorzieht. Nun kann man — wie sich an Ort und Stelle bald erweisen wird — weit eher Shakespeare kürzen als die Textautoren Offenbachs, die bloß die unentbehrlichen Vorbereiter seiner musikdramatischen Herrlichkeit sind. Diese Musik ist — im diametralen Gegensatz zur Johann Straußischen Operetten, deren Rosen man pflücken kann — keineswegs zitierbar. Der heutige Versuch des Vortragenden wäre durch die Erlaubnis des Anlasses noch nicht legitimiert. Er ist es aber durchaus vor einem Auditorium, dem diese Höhepunkte der musikalischen Szene als Reminiszenzen vorgerückt werden und das alle Sphären des Zyklus hinlänglich durchlebt hat, um mit den Bruchstücken vorliebnehmen zu können.
Zum Gedenktag sei auf die soeben erschienene umfängliche Offenbach-Biographie von Anton Henseler (in der Reihe »Klassiker der Musik«, Verlag Max Hesse, Berlin) hingewiesen. In einer Besprechung dieses Werkes durch die Frankfurter Zeitung (8. Oktober) heißt es:
— — Einer der eifrigsten und berufensten Vorkämpfer für die Geltung Offenbachs: Karl Kraus hat diesen besonderen — und jetzt dürfen wir wohl sagen, genialischen Wert scharf herausgearbeitet, als er dem »tiefen Unsinn« bei Offenbach den »flachen Sinn« der heutigen Salon-Operette gegenüberstellte.
Die Frankfurter Zeitung wird von dem geistig korruptesten Organ der österreichischen Meinungsfreiheit, also von der Arbeiter-Zeitung oft zitiert, und nicht weniger oft wird von ihr auf Beispiele der Unterdrückung heimischer Werte hingewiesen, die in Deutschland — zumal in Frankfurt — gewürdigt werden. Sozialistische Hörer der Offenbach-Vorträge dürften ihre stille Freude daran gehabt haben, wie sie das Zentralorgan des Pharisäismus kürzlich in Begeisterung für Offenbach exzedieren sahen, in dessen revolutionärem Bereich nichts verklungen und vertan schien außer der Erinnerung an den, der es erschlossen hat, und der nun ganz nach dem Kanon oder dem Ritual der Mitbürgerpresse nicht genannt sein soll. Es ist aber immerhin noch, im Gegensatz zu dieser, anzunehmen, daß die Arbeiter-Zeitung, wenn sie an ihn denkt und niemand dabei ist, sich schämt und vor sich ausspuckt.
Herr Marischka hat am Grabe Offenbachs einen Kranz niedergelegt.
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