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Der Revisor
Komödie in fünf Akten
von
Nikolai Gogol
Übersetzt von Sigismund von Radecki
Vom Vortragenden eingerichtet
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Nach dem dritten Akt eine Pause.
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Aus der Kritik Ludwig Speidels:
Die alte russische National-Comödie »Der Revisor« von Nikolaus Gogol ist heute fast unerwartet im Burgtheater aufgetaucht. Das Stück ist eine dramatische Satire auf die Verderbnis der russischen Beamtenwelt, eine Satire, die vielfach mit höchst primitiven Mitteln arbeitet, hin und wieder aber sich zu echtem Humor erhebt. — — Das Publicum konnte sich in das Stück nicht ganz hineinfinden. Man muß sich, um zum richtigen Verständnis zu gelangen, ein wenig nach Rußland versetzen, und dann wird man den kühnen Griff des Dichters begreifen und die Theaterfreiheit beneiden, unter welcher es möglich war, ein Stück, das so tief in das Fleisch der russischen Gesellschaft schneidet, auf die Bühne zu bringen.
Das Werk, anscheinend wüst zusammengestrichen, wurde am 18., 19. und 24. Mai 1887 gespielt und dann abgesetzt. Nach Jahrzehnten tauchte es in noch dürftigerer Gestalt flüchtig bei Castiglioni-Reinhardt auf, was den eigentlichen Antrieb gebildet hat, es in das Repertoire des Theaters der Dichtung zu übernehmen. Der Durchfall des Wiener Publikums der Achtzigerjahre, hinreichend begründet in der Genialität des Werkes, mag durch die Ungenialität der von Speidel gerühmten Darstellung ge- fördert worden sein. Nach der Kenntnis, die der Vortragende von den Mitteln des damaligen Burgtheaters hat, scheinen ihm — nebst dem Gutsbesitzer-Duo und dem an den Ossip verschwendeten Meixner — bloß Frau Kratz und das unvergeßliche Gespenst Arnsburg am rechten Platz gestanden zu haben. Die Rolle des Stadthaupts, viel zu wuchtig für den trefflichen Chargenspieler Schöne, hätte Gabillon gehört, und was die Hauptrolle betrifft: mit Herrn Thimig mußte der Chlestakoff so hinfallen, wie er es nach der großen Rauschtirade gewiß nicht vermocht hat. Hier hätte, wenngleich nicht völlig kongruent, der bezaubernde Ernst Hartmann eintreten müssen, da Mitterwurzer — gleichermaßen als Stadthaupt vorstellbar — dem Burgtheater damals nicht mehr und noch nicht zugesellt war (der aus Striese und Dr. Wespe Katarakte der Bühnenlustigkeit schlagen konnte, nachdem Chlestakoff längst erledigt war). Doch alle schauspielerische Macht hätte — in Wien wie in Berlin — wahrscheinlich niemals zugereicht, dem Flachland mitteleuropäischer Geistigkeit die stärkste dramatische Satire der Weltliteratur zu erhalten.
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