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Der durchgreifenden Kretinisierung des Landes, dem großen Druck dieser Tage begegnet der Autor der Fackel mit dem kleinen Druck, in dem das letzte Heft gehalten ist. Der Vortragende kapituliert vor der österreichischen Wirklichkeit, indem er noch auf jene eigenste aller Schriften verzichtet und selbst am Republiktag sich in den Hohn einer Offenbach’schen Musik zurückzieht, die der rarsten aller Republiken ein Wachsfigurenkabinett eröffnet.
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Die Prinzessin von Trapezunt
Operettte in 3 Akten von Jacques Offenbach
Text von Ch. Nuitter und E. Tréfeu, nach Julius Hopp bearbeitet von Karl Kraus
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Mit Zeitstrophen in den Couplets des Casimir, der Ballade der Regina und mit Strophen der Huldigung Zanettas für Offenbach
Begleitung: Georg Knepler
Textbuch (mit fehlerhaften Gesangstexten) »La Princesse de Trébizonde«, Opéra-bouffe en trois actes, bei Calmann-Lévy, éditeurs Paris, 3 Rue Auber
Klavierauszug bei Bote & Bock, Berlin (vergriffen)
Ein Teil des Ertrages fällt der Steuerbehörde zu, da für die durch die Jahre wohltätigen Zwecken gewidmeten Erträgnisse nachträglich Steuer gezahlt werden muß.
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Wien, vom 7. November:
Studentinnen werden mißhandelt und beraubt.
Die Hörer, unter denen sich Engländer, Amerikaner, ja sogar Chinesen und Japaner befanden, versuchten, die Hörerinnen gegen die einbrechenden Rowdys zu schützen, doch es gelang ihnen nicht in allen Fällen. Die Hahnenschwänzler erprobten ihre Tapferkeit zuerst an den Frauen, die verprügelt und die Treppe hinuntergestoßen wurden. Hierauf versuchten sie, mit Trümmern des Stiegengeländers, mit Knüppeln und Messern bewaffnet, den Hörsaal zu stürmen; sie wurden aber von den freiheitlichen Studenten zurückgeworfen. Da dieser Angriff mißlungen war, brachen die Heimwehrhorden in das Laboratorium und in die Seziersäle ein. Sie zerschlugen die Glastüren, zerstörten, was ihnen in die Hände fiel, und verletzten viele Studenten, die sich ihnen entgegenstellten; schließlich gelang es, wenigstens den Studentinnen freien Durchgang zu sichern. Sie mußten allerdings förmlich Spießruten laufen, wurden mit Stockhieben traktiert und zum Teil ihrer Mäntel und Handtaschen beraubt; ein Frauenhut und ein Pelzkragen wurden von den Rowdys als Siegestrophäen geschwungen. Einige der verschüchterten und verprügelten Mädchen flohen in die Leichenkammer und gelangten von hier aus durch Hintertüren ins Freie.
Huldigung der America-Austria Society für Bundeskanzler Schober.
Die »America-Austria Society« veranstaltete Mittwoch ihren ersten diesjährigen Gesellschaftsabend im Festsaale des Hotel Bristol zu Ehren ihres Präsidenten Bundeskanzlers Johann Schober. Der Bundeskanzler war während des Abends Gegenstand herzlichster Ovationen. — — »Er hat sich schon in der Zeit seiner früheren Bundeskanzlerschaft unvergängliche Verdienste erworben, und wir alle, die Zeitgenossen sind, erinnern uns dankbar, was Bundeskanzler Schober als Polizeipräsident geleistet hat (lebhafte Zustimmung), indem er die Sicherheit in unserem Vaterlande aufrechterhalten und sich in dieser Tätigkeit einen Namen erworben hat, der weit über die Grenzen des Vaterlandes reicht und auch in Amerika anerkannt ist. Meiner Meinung nach haben große Teile des österreichischen Volkes, ja der größte Teil desselben, mit höchster Sympathie die Wiederwahl Schobers zum Bundeskanzler begrüßt und ihm die besten Wünsche entgegengebracht. Das Volk hat stumm mitgewählt. (Lebhafter Beifall.) Schober ist von der Natur bestimmt, Bleibendes zu leisten. (Zustimmung.) Er hat den Beweis erbracht, daß er es kann.« — —
Als sich der stets erneute Beifallssturm gelegt, ergriff der amerikanische Gesandte Washburn in englischer Sprache das Wort: Die America-Austria Society hat die erste Gelegenheit ergriffen, dieses Dinner zu Ehren des Bundeskanzlers Schober zu veranstalten, um sich damit selbst zu ehren. Es ist schön von dem vielgeplagten Bundeskanzler, daß er uns einen Teil des Abends gewidmet hat. Der Gesandte erinnert an ein Staatsbankett, das man zu Ehren des Präsidenten Mac Kinley gab, und wobei dieser sagte — — Ähnlich ist es mit Bundeskanzler Schober: Er möchte lieber Bürgermeister von Perg sein, als wieder Bundeskanzler von Österreich! (Lebhafte Heiterkeit.) Ich muß aber vorsichtig sein, sonst verständigt er noch meine Regierung, daß ich nicht mehr persona grata bin. (Erneute Heiterkeit.) — —
Nun ergriff Bundeskanzler Schober das Wort — — Ich bin wirklich, wie Mr. Washburn meint, ein ehrgeiziger Mann. Ich wäre gern Bürgermeister von Perg geworden, aber das Schicksal hat es anders gewollt und — »Da kannst nix machen ..!« (Heiterkeit.) In der Zwischenzeit und solange die Majorität meiner Mitbürger es will, werde ich auf meinem Posten bleiben und meine Pflicht tun. (Stürmischer Beifall.)
Der erste amerikanische Austauschstudent Mr. Scott dankte dafür, daß ihm Gelegenheit geboten sei, die liebenswürdige Gastfreundschaft der Wiener zu genießen. Dann stellte der Direktor des Austro-American Institute of Education Dr. Paul Dengler dem Bundeskanzler Schober die sieben amerikanischen Austauschstudenten vor, die kürzlich nach Wien gekommen sind. — —
Vermutlich hatten sie sich unter den Universitätshörern befunden, denen es nicht in allen Fällen gelang, die Hörerinnen zu schützen. Der ‚Tag‘ bringt die Huldigung Amerikas folgendermaßen:
Sichtlich ergriffen dankte Bundeskanzler Schober für die Ehrungen und sagte:
»Solange es die Majorität meiner Mitbürger es so will, werde ich auf meinem Posten bleiben und meine Pflicht tun.«
Langanhaltender Beifall erscholl nach dieser Rede des Bundeskanzlers, dann begrüßte einer der amerikanischen Austauschstudenten in tadellosem Deutsch die Gesellschaft.
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