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THEATER DER DICHTUNG
Pariser Leben
Burleske Operette in 4 Akten (5 Bildern) von Jacques Offenbach.
Text von Meihac und Halévy, nach der Übersetzung von Carl Treumann bearbeitet von Karl Kraus
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Nach dem zweiten und nach dem dritten Bild eine Pause
Begleitung: Franz Mittler
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Aus einem Schreiben des Offenbach-Biographen Louis Schneider, Paris, 12. September 1932:
Je vous remercie bien cordialement de l’aimable envoi de vos traductions de Vert-Vert, Madame l’Archiduc et la Périchole. Quelle précision rythmique! Quel respect de l’accent tonique! Je vous en félicite bien sincèrement et je pourrai vous dire comme dans la Vie Parisienne:
Du haut de ta demeure dernière
Es-tu content, mon Offenbach?
Oui, il serait content et même enchanté.
Das Zitat ist eine Variante des Refrains »Ist dir jetzt wohl, mein Kommandant?«
Wenden!
19.45 Uhr: Aus der großen Zeit des Carltheaters
Also wohl die dieser unbeschreiblichen Herrlichkeit, als Matras, Knaack und Blasel neben Treumann (dem andern), der Grobecker und der Gallmeyer wirkten, welche Offenbach »meine Sänger« nannte, die großen Komiker, die ihm jede Singerei entbehrlich machten. Die Zeit, da »Pariser Leben« und »Die Prinzessin von Trapezunt« abwechselten und wenn er persönlich eine Premiere dirigierte, die Fiaker schon bei der Oper nicht vorwärtskamen. Oder die Jahrzehnte vorher mit Nestroy, Scholz und Grois in allen Werken des Possengenies? Bis zum Ausgang dieser Epoche, da, nebst Offenbachs Einaktern, »Orpheus« mit Nestroy als Jupiter und Knaack als Styx kreiert wurde. Also gewiß etwas aus der Zeit der Direktionen Nestroy, Treumann, Ascher. Oder vielleicht aus der kurzlebigen Lustspielzeit Mitterwurzers? Dem späteren Lokalpossentheater Blasels? Der Ära Jauners — um 1897 —, die vortreffliche Neuinszenierungen des »Blaubart« und der »Großherzogin« mit Spielmann, Bauer und der entzückenden Stojan brachte? Aber mit welchen Mitteln sollte die »Ravag« die Erinnerung an eine Bühne heraufbeschwören, die wahrlich wie nur das Burgtheater, das Theater an der Wien oder das Théâtre français eine »große Zeit« erlebt hat? Die des Burgtheaters erstreckte sich ihr, in Gemäßheit des christlich-germanisch-merkantilischen Schönheitsideals, von Millenkovich bis Röbbeling, wäre durch die Familien Reimers, Tressler, Zeska sowie Frau Bleibtreu vertreten, aber auch durch die gegenwärtigeren Herren Balser und Hennings — den Paul Hartmann wären wir los —, die bereits unverwüstlichen Thimig jun. und Maierhofer, und vor allem natürlich durch meinen magischen Namensvetter mit dem schärfern ß, der nach Aussage der jüngsten Ignoranten Devrient (den andern), Schröder, Anschütz, Löwe, Dawison, Sonnenthal, Baumeister, Lewinsky, Matkowsky, Mitterwurzer plus Beckmann und La Roche in die Tasche steckt, während ich ihn für einen saubern Redegliederer halte — nicht aufregend, gemessen an der Möglichkeit, daß Hartmann (der andere) diesenantipathischen »Kaiser von Amerika« gesprochen hätte — und für einen tüchtigen Chargenspieler, der manchmal die Verwandlungsfähigkeit des allzufrüh verstorbenen Müller-Hanno erreicht. (Am wenigsten erträglich dort, wo sich seine Persönlichkeit und sein Brustkasten mit der Rolle decken, etwa beim Hauptmannschen Geheimrat; trostlos als Falstaff.) Möchten die Leute, die noch immer ins Theater gehen, vor allem die, die es nichts kostet, doch endlich zur Kenntnis nehmen, daß es — von etlichen vorzüglichen Episodisten und Lustspieldamen abgesehen — seit 1890 keines mehr gibt und die Trümmer höchstens bis zur Jahrhundertwende vorhanden waren. Verlust des kulturellen Gedächtnisses mag vorkommen, aber dann sollte noch der Begriff »große Zeit« ausgelöscht sein, damit nicht auch hier Gold für Blech gegeben werde. Die große Zeit des Theaters an der Wien, das Offenbach-Werke mit der Geistinger, mit Swoboda, Rott, Friese besetzte und später Girardi erschuf; das neben dem theaterschwachen Johann Strauß Suppé und Millöcker hatte, wäre offenbar durch die »Lustige Witwe« repräsentiert. Und was versteht die Ravag unter der großen Zeit des Carltheaters?
Franz Lehar: a) »Zigeunerliebe«: Ouvertüre; b) »Der Rastelbinder«: 1. Wenn zwei sich lieben, Duett; 2. Ich bin a Weanakind, Lied — Edmund Eysler: »Die Schützenliesl«: Auftrittslied der Liesl — Heinrich Reinhardt: »Der liebe Schatz«: Dort an der Donau, Marschquartett — Oskar Straus: »Ein Walzertraum«: Walzer — Emmerich Kalman: »Die Bajadere«: a) Auftrittslied der Odette; b) Vermählungsszene — Franz Lehar: »Der Göttergatte« usw.
Und dann kamen gleich die Ratzen. — Wäre die Rundfunkkritik nicht hier wie überall prostituiert (weil die Tinterl, die Dirigentenleistungen oder bodenständige Lyrik loben, zuweilen auch den Äther durchstinken dürfen), so hätte sich vermöge dessen, was die Nichtswisser vom Hörensagen wissen, doch ein wenig Protest gegen den Hohn geregt, einer Stadt mit so ehrwürdiger Theatervergangenheit zwischen Gejodel und Heurigenmusik, dem
Wunsch, wieder einmal in Grinzing zu sein, und der sattsam bekannten Tatsache, daß mei Muatterl a Weanerin war, noch solchen Pietätsbeweis anzubieten.
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Wiener Leben
Offenbach-Renaissance
Eine gutlaunige, spritzige, in Soli- und Ensemblegestaltung flotte Aufführung wurde unter der vortrefflichen Regieleitung Direktor Lustig-Preans geboten. — — wozu unzählige Extempores mit gefälligem Währinger Anklang wesentlich beitrugen. Dr. De la Cerda als musikalischer Leiter — allen Situationen gewachsen — bot bekannte, aber immer wirkungsvolle Offenbachsche Musik, leicht, sprühend, rhythmisch.
Der lustige Abend in lustigster Göttergesellschaft fand vielen Beifall eines ausverkauften Hauses.
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Direktor Lustig-Prean hat dem »Orpheus in der Unterwelt« eine echt wienerische Note gegeben. Gemütliche Familienaffären zu ebener Erd’ und im ersten Stock, sogar im Tiefparterre. Die Beherrscher des Olymps und der Unterwelt sind jenseits des Gürtels zu Hause, sie sprechen den urwüchsigsten Dialekt himmlisch und höllisch und überhaupt die Götter — — Sie gefielen, denn im Olymp und im Hades geht es urfidel zu, Theodor Waldau, ein geübter Offenbachant, hat dazu den Text mit Witz und Witzen aktualisiert, und das Volksopernpublikum, das in Scharen zu Offenbach strömte, unterhielt sich über die plutonische Liebe einer gewissen Frau Eurydice aus Theben, die einen sehr bewegten Lebenswandel in drei Stockwerken führt, ausgezeichnet.
Man muß aber doch auch der Offenbachschen Musik einigen Anteil an dem Erfolg zubilligen. Sie ist zwar nicht immer wienerisch genug, aber sie machte die Zuhörer recht kribbelig, als ob sie einen Schampus getrunken hätten. — —
Pluto-Girls, die teuflisch den Cancan tanzten, belebten die Unterwelt — —
Der stürmische Erfolg, den das bis auf den letzten Platz besetzte Haus dem »Orpheus« bereitete, verheißt der Volksoper eine Offenbach-Renaissance.
Zwei Beethoven
Wie wir schon einmal mitgeteilt haben, soll in nächster Zeit unter der Regie Richard Oswalds ein Beethoven-Film gedreht werden. Gerüchtweise verlautete es hiebei, daß Fritz Kortner die Rolle des Beethoven übernehmen sollte. Die Zweifel, die darüber entstanden, haben sehr bald dazu geführt, daß nunmehr mitgeteilt wird, Ewald Balser sei eingeladen worden, den Beethoven zu spielen. Bestimmte Vereinbarungen sind diesbezüglich noch nicht getroffen worden.
Goethe
— — hat sich Staatsoperndirektor Dr. Felix von Weingartner in liebenswürdigster Weise bereit erklärt, eine Vorlesung aus Goethes »Faust«, zweiter Teil (Bühneneinrichtung und Musik von Dr. Felix Weingartner), zu halten. Am Flügel Elly Katzigheras. — —
Die künstlerischen Vorbereitungen
zum »Pfeif’ o Glock’ auf der Alm«, dem Schlaraffenball in den Sophien-Sälen am 31. d., sind im vollen Gang. Näheres in den Einladungskarten, die demnächst zur Versendung gelangen.
Meister der Operette
Das unter dem Titel »Meister der Operette« von den Wiener Philharmonikern ausgeführte Konzert, das am 22. d. im großen Musikvereinssaale stattfindet, weist ein besonders reichhaltiges Programm auf. Es werden als Dirigenten ihrer eigenen Werke die Operettenkomponisten Paul Abraham, Emmerich Kalman, Robert Stolz, Oskar Straus und Richard Tauber erscheinen. — — Kapellmeister Hugo Reichenberger bringt einige Werke Franz Lehars — —
Aus der großen Zeit des Theaters an der Wien
Unsere Betty Fischer ist in Wien! Und die ist sie geblieben, das versichert sie beim ersten Wort des Gespräches. »Seit vierzehn Monaten war ich nicht in Wien. Das kann ein echtes Wiener Kind nicht aushalten. Ich laufe in der Stadt herum und suche alle Straßen und Plätze auf, die mir so vertraut sind. Und beim Stephansplatz muß ich ganz laut ‚Mein lieber, alter Steffl‘ rufen. Und viele Menschen kennen mich noch und begrüßen mich so lieb und nett. — — Ich bin nur als Privatperson in Wien. — — Es war die herrlichste und schönste Zeit meines Lebens. Ich möchte schon einmal wieder meinem Publikum zeigen, daß ich noch da bin und daß ein schöner Kalman oder Lehar auch heute noch vierhundertmal gespielt werden kann. Aber der ‚Nachwuchs‘, die heutigen Fachleute wollen davon nichts wissen. — — Das Publikum .will heute wie damals schöne Melodien, ein sinnvolles Textbuch. — — Das ist meine feste Überzeugung.«
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