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THEATER DER DICHTUNG
Vorwort (ungedruckt): Timons eigene Schrift
Zu Ehren Shakespeares
Timon von Athen
Trauerspiel in 5 Akten von Shakespeare
Nach der Übersetzung von Dorothea Tieck für Rundfunk und Bühne bearbeitet und sprachlich erneuert von Karl Kraus
(Erstaufführung im Berliner Rundfunk am 13. November)
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Pause nach dem dritten Akt
[Anzeige der »Timon«-Bearbeitung]
»Von dieser Bearbeitung und sprachlichen Erneuerung sind seit dem 20. Oktober 1930 183 Exemplare verkauft worden, von denen 50 vom Berliner Rundfunk als Aufführungsmaterial erworben wurden, 10 von einem Liebhaber, der auch anderen zeigen wollte, wie Shakespeare für die heutige Bühne einzurichten ist, und zirka 15 offenbar der Verwechslung mit Bruckner zu verdanken sind.«
Dazu 17, so daß im Ganzen 200 Exemplare (davon 150 an Leser der Fackel) verkauft sind.
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Ohne Beispiel
— — Um es gleich zu sagen: der Unterschied zwischen Shakespeare und ihm ist kaum einer des Formats. Er ist, daß Shakespeare die Tragödie des Menschenhasses schrieb, Bruckner die der — irrigen — Menschenliebe. — — Dieser Dialog freilich ist grandios, von Blitzen der Ironie hellsichtig durchzuckt, ein Gedankengefecht, bisweilen ohne Beispiel, zumindest ohne ein zeitgenössisches. — — l. u.
Aus dem Dialog
Die Griechen:
Timon lächelt: Ich muß sparen.
Alkibiades: Zieh mich nicht auf.
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Timon: Schrei mich nicht so an.
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Alkibiades: Was kosten schon fünftausend meiner erz-
beschlagenen Schilde? Sechs Talente.
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Timon: … Eine Stadt von so geschmeidiger Lebendigkeit —
Alkibiades: Jetzt bist du komisch.
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Alkibiades bös: Wann hast denn du eine geliebt?
Timon lacht.
Alkibiades: Gesehn hat man dich noch mit keiner.
Timon großes Lachen.
Alkibiades: Warum lachst du?
Timon: Darüber bin ich längst hinaus. Was fängt man mit
einer Frau an? Also erzähl von Myrthis zum Bei-
spiel …
Alkibiades: Myrthis?
Timon: Das, was ein Mann in Wirklichkeit bei einer
Frau sucht, wenn er den Kopf anlehnen möchte, um
vom Leben beruhigt aufzuatmen?
Alkibiades: Wer sucht denn das, rede dir nichts ein.
Timon: Was sucht er sonst?
Alkibiades: Du bist großartig.
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Alkibiades: Und?
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Alkibiades: Und?
Timon sieht ihn an: Nichts.
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Timon: … Nur das Haar trug sie mehr auf der Stirn.
Alkibiades: Und?
Timon: Das Haar trug sie mehr auf der Stirn, sonst weiß ich nichts.
Jetzt erzähl aber du. — — Was sprichst du mit ihr, wenn ihr zum
Beispiel allein seid?
Alkibiades: Wir haben uns alle schon oft über dich
den Kopf zerbrochen.
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Alkibiades erstaunt: Wozu soll sie denn lesen und schreiben
können?
Timon Lachen: Wozu?
Alkibiades: Ich danke den Göttern, wenn sie nicht lesen und
schreiben kann.
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Alkibiades: … Und an schäbigen sechs Talenten willst du es
scheitern lassen? Nett: Los, Timon, gib dir einen Ruck.
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Timon riecht, sieht ihn an.
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Mehrere nähern sich ihm: Und?
Alkibiades: Ihr braven Goldarbeiter, Elfenbeindreher, Stricker,
Drechsler —
Andere näher: Und?
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Die Frau: Grieß mit Milch hätte ich gern, gar am Abend.
Der Diener: Ich will nachsehn.
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Lykos: Du bist gelungen.
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Timon Pause: Willst du mir den Abend verderben? Ich habe
meine Gründe, warum ich dich nicht sprechen lasse.
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Simonides: Tagelang einen angefangenen Bau herum-
stehn lassen, in einer neugierigen Stadt wie Athen.
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Timon stürmt herein — —
Lykos: Ohne dich anzumelden? Draußen habe ich vier
Diener.
Timon: Ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht —
Lykos: Auch dann sind sie nicht leicht zu übersehn.
Timon: — aber ich bin zu dir. Nur darauf kommt es an.
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Lykos: … Waren neue Aussichten aufgetaucht?
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Lykos: Das Naheliegendste war, zuerst zu mir zu kommen.
Timon: Ich wäre vielleicht überhaupt nicht mehr zu dir gekommen.
Lykos: Du bist gelungen .... Ganz Athen bettelst du ab und
wärest imstand gewesen, gerade mich zu übergehn?
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Lykos: … Meine Feinde sind die Reichen wie du, die es nicht können.
Auf. Er entfaltet sich. — — — — — — — — — — — — —
Die Götter:
Zweiter: … Wenn wir uns in ihre Angelegenheiten mischen, sind
sie imstand und schaffen uns ab.
Sechster sofort: Wer schafft uns ab?
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Erster: Wie kannst du gegen ihn sein?
Aphrodite: Weil er ein Patzer ist.
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Zweiter: Reg dich doch nicht auf.
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Pallas Athene: Schaff den ganzen Reichtum ab.
Pluton lacht: Du bist großartig.
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Pallas Athene: Timon hat es nicht verteilt, er wollte es nur
loswerden ....
Pluton: Ich platze.
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Aphrodite: Jetzt hör aber damit auf.
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Aphrodite: Ohne Reichtum bei mir? Klatscht sich auf den Hintern:
Das da.
Pallas Athene ruhig: Zu Ihnen hat ja niemand
gesprochen.
Aphrodite: Das kann ich mir denken. Wenn einer dich vor Augen
haben will, wozu soll er dann Geld brauchen? Aber wer dich nicht
vor Augen haben will: schon muß er zahlen.
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