[...] aus der Banalität des Ereignisses löst Kraus den Anlaß, die Zeit neu zu sehen. Er legt die Welt auf den Seziertisch, und ihn ergreift die Scham, auf eine Erdkugel verschlagen worden zu sein, die vor seinen Fußtritten schon längst hätte desertieren müssen. [...] Immerhin, Karl Kraus macht, daß es dennoch eine Lust sein kann, zu leben. Sein Zorn und sein Haß schenken manchen geborstenen Glauben zurück, und das Gelächter, mit dem er uns begnadet, entspringt zwar tiefstem Leiden, aber es ist von solcher Erhabenheit, daß es befreit [...]. Hier steht unsere Zeit ihrer Kleider beraubt und Kraus hat die Stimme, die Ereignisse unter sein Kommando zu stellen [...]. Karl Kraus. Mit Dank und Verehrung ist der Name dieses Mannes zu nennen: weil er, unbeirrt und unbeirrbar, in dieser unerhellten Gegenwart eine so harte Kärrnerarbeit verrichtet. Sie ist nicht umsonst getan. Die Worte dieses Mannes sind von solcher Kühnheit, daß Sinn und Rhythmus unseres Lebens von ihnen immer wieder neuen Antrieb empfangen müssen. Hermann Bagusche.
[Heidelberger Neueste Nachrichten, 14.02.1914 zitiert in: Die Fackel, 395-397, 28.03.1914, 42] - zitiert nach Austrian Academy Corpus