Karl Kraus ca. Der Tag

Wien
07.05.1929 – 19.09.1929

[126.] Der Tag berichtete, dass es bei der Dresdener Erstaufführung von Kraus' "Die Unüberwindlichen" zu "heftigen Skandalszenen im Publikum" gekommen sei:

"Zwei Akte waren anstandslos gespielt worden, als dem Publikum mitgeteil wurde, daß Camillo Castiglioni gegen die Verwendung einer Figur, durch die er verkörpert werden sollte, Einspruch erhoben habe und daß diesem Einspruch stattgegeben worden sei. Ein Schauspieler trat dann vor die Rampe und erzählte den Inhalt des dritten Aktes." (126.1.)

Kraus und Samek forderten eine Berichtigung, denn dem Einspruch von Castiglioni war nicht stattgegeben worden. Tatsächlich hatte dem Veranstalter der Aufführung die Drohung einer einstweiligen Verfügung gereicht, um den dritten Akt auszulassen. Auch andere Details zu den Krawallszenen sollten berichtigt werden. Als Der Tag aber diese Berichtigung nicht brachte, reichten Kraus und Samek Klage ein. Im Urteil wurde aber nur ein Teil der Forderung als berichtigungsfähig anerkannt - ansonsten habe die Berichtigung zu viele Stellen enthalten, die keine Berichtigung mitgeteilter Tatsachen waren. Der verantwortliche Redakteur Josef Koller wurde freigesprochen.

Kraus musste die Kosten tragen, legte allerdings Berufung ein: "Der Oberste Gerichtshof hat zu wiederholten Malen entschieden, dass es das Recht des Berichtigungswerbers ist, eine genaue Darstellung des Sachverhaltes den Lesern zur Kenntnis zu bringen. Man kann nicht eine Berichtigung lediglich auf These und Antithese zuschneiden." (126.9.) Die Berufung wurde offenbar abgewiesen.